Buchempfehlungen des Literaturzirkels – Circolo di letteratura

Lesezirkel der Deutsch-Italienischen Gesellschaft Lippe-Detmold – Circolo di letteratura

Seit Anfang 2018 gibt es unseren Lesezirkel. In unregelmäßigen Abständen, etwa einmal im Quartal, treffen sich interessierte Mitglieder unserer Gesellschaft in anregender Runde, um ein vorher gelesenen Buch zu besprechen. Die Auswahl des Buches für das nächste Treffen wird jeweils am Leseabend festgelegt.

Es werden Bücher überwiegend italienischer Autoren und Autorinnen in der deutschen Übersetzung besprochen. Gelegentlich liegt eine italienische Originalausgabe vor, aus der zitiert wird. Am Leseabend werden mitunter besonders eindrückliche Passagen nochmals als Diskussionsanstoß gelesen.

Die Teilnehmerzahl ist begrenzt, da diese Abende in privaten Räumlichkeiten stattfinden und sich an die Diskussionsrunde meistens ein kulinarischer Teil mit Gesprächen über Gott und die Welt anschließt.
Wer am Circolo di letteratura interessiert ist, kann sich gern unter der Email-Adresse: vorstand(at)dig-lippe.de melden. Bei entsprechendem Interesse werden wir einen Circolo Due ins Leben rufen, vielleicht auch als Video-Konferenz, wenn die Kontaktbeschränkungen noch länger gelten sollten.

& Unsere Buchempfehlungen

Ein verregneter Sommern – Marcello Liscia

„Ende der fünfziger Jahre wird der 16-jährige Luca nach Deutschland geschickt, um als Saisonkraft in einer Paderborner Eisdiele seine achtköpfige Familie in Norditalien zu unterstützen. Unter dem wachen Auge der Signora Colombo lernt Luca schnell die Strapazen einer Sieben-Tage-Arbeitswoche kennen und ist froh, dass er an den vielen Regentagen in jenem Sommer freibekommt. An einem solchen verregneten Nachmittag begegnet Luca dem gleichaltrigen Gymnasiasten Hans, der unter den weiblichen Tresenkräften nur als der „bel biondo“ bekannt ist. Über alle Sprachbarrieren hinweg und mithilfe eines italienisch-deutschen Wörterbuchs lernen sich die beiden jungen Männer näher kennen und gemeinsam finden sie Worte für das, was sie als Teenager noch nicht benennen können. Ein verregneter Sommer beschreibt atmosphärisch dicht die Welt der sogenannten Gastarbeiter:innen, die das Nachkriegsdeutschland entscheidend mitgeprägt haben, und lässt uns diese Zeit aus einer ganz eigenen Sicht erleben.

Bagheria – Eine Kindheit auf Sizilien – Dacia Maraini

(Bagheria)

„Bagheria ist für zwei Dinge bekannt: die Mafia sowie die Villen aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Diese wurden als Sommerfrische der Feudalherren errichtet, die ansonsten in ihren (Stadt-)Palästen in Palermo wohnten. Die Ländereien überließen sie Verwaltern. Ein fataler Fehler, denn jene wurden die eigentlichen Herren Siziliens – die Paten.
Dacia Maraini kehrt an den Ort ihrer adligen Herkunft, die Villa Valguernera, zurück. Sie taucht ein in ihre Familiengeschichte und in die Historie Bagherias. Nachdrücklich ist das Leben der Autorin durch ihre Kindheit auf Sizilien geprägt. Sie betrauert das für immer verlorene Erbe (die Schönheit Bagherias ist heute lediglich in Worten präsent) und sehnt sich nach jenen Jahren zurück…“

Der Strand – Cesare Pavese

(La Spaggia)

„Im Sommer, in Italien, am Meer…eine Geschichte, die aneinander gereihte Feriensituationen beschreibt: Unterhaltungen am Strand, im Restaurant, bei Ausflügen und Abendgesellschaften. Bürgerlich Intellektuelle verbringen in ihrer „Schickeria-Welt“ unbeschwerte Urlaubstage an der ligurischen Küste nahe Genua.
Im Mittelpunkt der Erzählung steht die umschwärmte Clelia, die diese Lebensart liebt, gern tanzt und genießt, verehrt zu werden. Jedoch birgt sie ein Geheimnis, das erst zum Ende des italienischen Sommers gelüftet wird…“

Faustinas Küsse – Hanns-Josef Ortheil

Der Autor malt sich aus, wie Goethe in Rom von seinem Liebeskummer geheilt wird: Sucht der Dichterfürst dort das Leben, den Genuss, die künstlerische Wiedergeburt? Der junge Spion des Papstes Giovanni Beri verfolgt Goethe auf Schritt und Tritt. Bald muss der Tunichtgut Beri erkennen, dass der unbekannte Fremde ihm seine schöne Freundin Faustina ausspannen will.
Ortheil entwickelt seine originelle Idee zu einer spielerisch-lockeren, unterhaltsamen Geschichte. So erzählt der Roman recht unbekümmert über historische Fakten und Fragen der Plausibilität…

Ein Sonntag mit Elena – Fabio Geda

(Una Domenica)

Ein Buch über die Leere im Leben und diejenigen, die sie hinterlassen haben. Es geht um Familie und Liebe (keine „Lovestory“!), das Altern, Loslassen und Verzeihen. Protagonist des Romans von Fabio Geda (Im Meer schwimmen Krokodile) ist ein pensionierter weltläufiger Ingenieur, dessen Ruhestand durch die sonntägliche Begegnung mit Elena und ihrem Sohn Gaston eine erstaunliche Wende erfährt.
Die Geschichte ist thematisch fesselnd verfasst, einfühlsam geschrieben und hält die Spannung bis zum Finale…

Bella Ciao – Raffaella Romagnolo

(Destino)

„Nie wieder Krieg“ ist eine der tiefen Erkenntnisse, die aus der Lektüre dieses außergewöhnlichen Romans gewonnen werden. Giulia Masca, die in New York ihr materielles Glück gefunden hat, kehrt 1946 in ihr Heimatdorf im Piemont zurück. Dort wurde sie ein halbes Jahrhundert zuvor von ihrer besten Freundin und ihrem Verlobten hintergangen – Beweggrund für ihren Aufbruch in eine neue Welt. Giulia will ihre Freundin wiedersehen. Wie wird dieses Treffen ausgehen?
„Bella Ciao“ zeigt eine große Bandbreite menschlicher Erfahrungswerte auf, ist selbst dann ein tröstliches Leseerlebnis, wenn es das Endgültige des Lebens thematisiert…

Im Licht der Lagune – Hanns-Josef Ortheil

Das venezianische „Sittengemälde“ erzählt von dem Maler und Zeichner Andrea, der sich nicht an seine Vergangenheit erinnern kann. Es beschreibt die übliche und traditionelle „Geschäfts-Heirat“ der Caterina Nardi (Tochter Giovanni Nardis, die in einem Kloster erzogen und erst kürzlich in den elterlichen Palazzo zurückgekehrt war) mit Antonio di Barbaro, dem zweitgeborenen Bruder des Conte Paolo, der als angesehener und reicher Signore im Palazzo neben Nardi lebt.
Skizziert wird die Rolle des „cicisbeo“, die für Caterina von Andrea übernommen wird, weil der alte Nardi es so wollte und entsprechend eingefädelt hat…

Der geraubte Himmel – Andrea Camilleri

(Il cielo rubato)

Ein ausgetüfteltes Verwirrspiel, in dem eine geheimnisvolle junge Dame (Alma Corradi) an einen älteren Herrn, der als pensionierter Notar in Agrigento lebt (Michele Riotta), schreibt. Anknüpfungspunkt für den Briefwechsel ist dessen Büchlein, das er in Jugendjahren zu einem unbekannten Kunstwerk des französischen Malers Renoir in einer kalabresischen Dorfkirche verfasst hatte. Riottas Briefe lassen erahnen, dass er weiteres Wissen über den Impressionisten zurückhält.
Der alternde Jurist verfällt der rätselhaften Frau, die augenscheinlich kriminelle Absichten verfolgt, und verliert zunehmend die Kontrolle über das Geschehen…

Ich bleibe hier – Marco Balzano

(Resto qui)

Ein idyllisches Bergdorf in Südtirol – doch die Zeiten sind hart. Von 1939 bis 1943 werden die Leute vor die Wahl gestellt: entweder nach Deutschland auszuwandern oder als Bürger zweiter Klasse in Italien zu bleiben. Trina entscheidet sich für ihr Dorf, ihr Zuhause. Als die Faschisten ihr verbieten, als Lehrerin tätig zu sein, unterrichtet sie heimlich in Kellern und Scheunen. Und als ein Energiekonzern für einen Stausee Felder und Häuser überfluten will, leistet sie Widerstand – mit Leib und Seele.

Eva schläft – Francesca Melandri

(Eva dorme)

Eva ist Anfang vierzig, als sie einen Anruf von dem Mann erhält, der in ihrer Kindheit eine Zeitlang die Rolle des Vaters einnahm, bevor er scheinbar für immer verschwand: Vito Anania. Er liegt im Sterben und möchte Eva noch einmal sehen. Sie reist mit dem Zug von Südtirol quer durch Italien in den äußersten Süden.
In ihrer Vorstellung entfaltet sich ihre ganze Kindheit in Südtirol: Sie wuchs im Schatten der politischen Verwerfungen einer Region auf, die drei Jahrzehnte lang der Spielball bedrohlicher Allianzen war und dann endlich den Aufbruch in die Autonomie wagte. Doch noch stärker wurde Evas Kindheit geprägt von der Liebe ihrer Mutter, der im Leben nichts geschenkt wurde. Der Roman einer Provinz ohne Vaterland und eines Mädchens ohne Vater.

Römische Gespenster – Luigi Malerba

(Fantasmi romani)

„Mit Römische Gespenster, seiner an amourösen Verwicklungen überreichen Ehegeschichte, erweist sich Luigi Malerba einmal mehr als mit allen Wassern der formalen Virtuosität gewaschener Meister“ schwärmt Maike Albath (die wissenschaftliche Begleitung zum diesjährigen VDIG- Lesemarathon).
Malerba bringt in der Geschichte von Giano und Clarissa, die sich gegenseitig betrügen und deren ehelichen Abwege sich immer wieder kreuzen, immer mehr Tempo in das Geschehen und verspottet augenzwinkernd das römische Leben von heute, so Albath.

Die Frau im Mond – Milena Agus

(Mal di pietre)

Die Autorin erzählt die Geschichte einer besonderen Frau, die von der großen Liebe träumt. Als Sardin ist sie im Alter von dreißig längst über den Zeitraum der „ guten Partie“ hinaus. Die „Vernunftheirat“ mit einem Witwer aus Cagliari führt zu dem Schwur, sich im Bett nie anzurühren. Sie muss noch einige Jahre geduldig warten, bis sie ihre Erfüllung bei einer Thermalkur auf dem Festland erfährt…

Im Meer schwimmen Krokodile – Fabio Geda

(Nel mare ci sono i coccodrilli)

Eine „storia vera“, eine wahre Geschichte:
Der Überraschungsbestseller aus Italien behandelt ein hochaktuelles Thema: Menschenwürde und Überlebenswillen.

Erzählt wird die Geschichte eines zehnjährigen afghanischen Jungen, der von seiner Mutter außer Landes geschmuggelt wird. Bevor sie ihn verlässt, empfiehlt sie ihm drei Dinge, die er nie im Leben tun darf: erstens: Drogen nehmen, zweitens: zu den Waffen greifen, drittens: stehlen. Mit diesen drei Lebensregeln als Kompass macht der Junge sich auf seine Überlebensreise durch sechs Länder, die viele Jahre dauern und ihn schließlich nach Italien führen wird. Atemberaubend sind die Erlebnisse auf seiner Irrfahrt.
Aber, was auch immer geschieht, er tut nichts Böses. Er arbeitet und besteht Tag für Tag das Leben, findet Freunde, zieht weiter: immer auf der Suche nach einem Grund, glücklich zu sein…

Accabadora – Michela Murgia

(Accabadora)

Auf intensive Art vermittelt die Autorin sardische Denkweisen und Gewohnheiten, wie theatralische Trauerrituale und die Ausstattung der Haushalte mit religiös bedeutsamen Gegenständen. Sachlich, ohne Ironie der Moderne und ernsthaft wird das ländliche Leben auf Sardinien beschrieben.
Wer in der traditionellen Weltanschauung der Insel seine Heimat verlässt, verrät seine Wurzeln und seine Identität. Eine Rückkehr hat Folgen…

Das etruskische Lächeln – José Luis Sampedro

(La sorrisa etrusca)

Behandelt werden von dem spanischen Autor der Nord-Süd-Konflikt Italiens, Menschlichkeit ohne Sentimentalität, Liebe und Respekt vor dem Alter.
Der Protagonist Salvatore Roncone, ein Bauer und ehemaliger Widerstands kämpfer aus dem „Mezzogiorno“ versinnbildlicht die altertümliche Lebens- führung des Südens. Mit dieser Haltung trifft er auf Sohn, Schwiegertochter und Enkel, die sich im modernen Mailand niedergelassen haben…

Acht Berge – Paolo Cognetti

(Le otto montagne)

„Ein Buch für alle, die an Freunden aus Kindheitstagen festhalten und sich fragen: Was verbindet uns eigentlich?“ (Zitat: Einbandrückseite).
Eine eindringliche, archaische Geschichte über die Unbezwingbarkeit der Natur und des Schicksals, über das Leben, die Liebe und den Tod.
Nicht Oberflächlichkeit und Selbstdarstellung, sondern das nackte Überleben steht im Zentrum der Erzählung. Es wird die Frage nach dem „richtigen“ Leben gestellt…

Pinocchio – Carlo Collodi

(Le avventure di Pinocchio – La storia di un burattino)

„Pinocchio ist wahrhaftig Italiens großes Buch, das nie aufhört, uns zu ernähren, uns zum Staunen zu bringen, uns zu trösten: ein kleines, so vollkommenes Universum mit seinen Gesetzen, die wir nie mehr verleugnen werden.“ (Federico Fellini).

Der Auto erzählt ein wunderbares Märchen für Kinder und Erwachsene. Humorvoll und lehrreich symbolisieren Charaktere aus dem Tierreich menschliche Verhaltensweisen und Persönlichkeitsmerkmale. Die Abenteuer bringen einen zum Schmunzeln und Lachen, zum Weinen und zum Träumen…

 Über Meereshöhe – Francesca Melandri

(Piu alto del mare)

Der dritte Roman der Autorin nach Eva schläft und Alle, außer mir knüpft historisch an die „bleiernen Jahre“ (anni di piombo) und die po- litischen Unruhen im Italien der 70er des vergangenen Jahrhunderts an.

Die drei Hauptpersonen, der Vater eines Terroristen, die Ehefrau eines Mörders und ein Justizvollzugsbeamter als Bewacher der Mörder werden schicksalhaft vom „Maestrale“, dem Nordwestwind, zusammen geführt. Ohne dessen Naturgewalt wäre es nicht zu der dramatischen Konstellation gekommen.

Durch passende Bilder und ungewöhnliche Vergleiche werden nachhaltige Eindrücke geschaffen, die die Phantasiewelt der Leserinnen und Leser bereichern…

Arturos Insel – Elsa Morante

(L’isola di Arturo)

Arturo, der rückblickend seine Kindheitserinnerungen erzählt, wird nicht müde, die Schönheiten seiner Insel Procida (Kulturhauptstadt 2022) zu schildern:
Ein Paradies, wo der Knabe mutterlos und unbewacht aufwächst, barfuß, mit wirrem Haar, beinahe wie ein wildes Tier über die Insel streifend, im Wasser genauso zu Hause wie auf dem Land.
Eines Tages bringt die Fähre eine junge Stiefmutter ins Haus. In der Furcht, den ohnehin kaum gegenwärtigen Vater zu verlieren, überzieht Arturo das ängstliche, unselbständige Mädchen mit Spott – bis er plötzlich begreift, dass das Unmögliche geschehen ist …


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